Mittwoch, 26. Februar 2014

"Ackerhelden" fassen Mut – zum Radieschenanbau


"Ackerhelden" wollen ohne lange Vorarbeit knackig scharfe Radieschen ernten. Foto: Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt

Es ist ja erfreulich, dass sich wieder mehr Menschen für das Land und für die Landbewirtschaftung interessieren und selbst Garten- oder Ackerbau betreiben wollen. Doch wie stellen sie das an, wenn sie kein Land besitzen? Pachten ist normalerweise die Lösung. Für ein solches Pachtverhältnis gibt es viele Varianten: Kleingarten innerhalb einer Kleingartenkolonie, Grundstück auf städtischem Grund, Parzelle von privatem Grundstücksbesitzer ... Doch für junge Leute, die nur kurze Zeit an einem Ort sind, ist eine solche eher langfristig angelegte Pacht uninteressant, außerdem ist die Nachfrage nach Pachtgrundstücken in manchen Großstädten wohl recht groß. 

Jetzt gibt es eine weitere Variante, wie aus einem Spiegel-Artikel (3/2014, S. 79) hervorgeht. Es ist  eine Art Unterverpachtungssystem, das eine temporäre Nutzung ermöglicht. Zwei Männer aus Essen haben sich das Geschäftsmodell ausgedacht. Am Rand von norddeutschen Städten pachten sie Ackerflächen an und verpachten diese parzellenweise weiter:  Die Partner vor Ort säen die jeweils 40 Quadratmeter großen Parzellen im Frühjahr ein oder bepflanzen sie. Für 248 Euro pro Saison wird man Nutzer, nein "Ackerheld". – Denn unter dem werbewirksamen Label "Ackerhelden" vermarkten die Neubauern ihre Geschäftsidee.

Doch wie sieht das Modell konkret in der Praxis aus: Wer kümmert sich um die Grundbodenbearbeitung, also wer pflügt und eggt das Land? Wer steckt die Parzellen ab? Wer kümmert sich vor Ort um das Drumherum, also um Zufahrts- und Erschließungswege, um Einzäunungen, um Unterstellmöglichkeiten für Geräte, um die Gerätepflege? Und was geschieht mit den Ernteabfällen? Gibt es eine Fruchtfolgeplanung?

In Teltow südwestlich von Berlin beispielsweise befinden sich die Parzellen auf dem Gelände des Biolandhofs Obst- und Gemüsehof Teltower Rübchen. Der Biolandwirt pflügt und eggt und sät oder pflanzt das Gemüse. Um die weitere Pflege während der Saison von Mai bis November müssen sich die Kleinbauern in spe selber kümmern. 

Als Belohnung winkt eine reiche Ernte. Von 40 Quadratmetern können sich zwei Personen normalerweise gut selbst mit Gemüse versorgen. Nur müssen sie wissen, wie man das praktisch macht. Die zwei Stunden Zeitaufwand pro Woche, die die "Ackerhelden" veranschlagen, dürften für die Selbstversorgung mit Gemüse kaum ausreichen. Zumal der Zeitaufwand für die Fahrt zum Acker noch hinzugerechnet werden muss. So einfach, so easy, wie das Bewirtschaften des Landes auf dem geduldigen Papier erscheinen mag, ist es in der Praxis nicht. Das werden auch die vermeintlichen Ackerhelden früher oder später merken. Vor allem dann, wenn sie einen Kampf gegen das Unkraut führen müssen.

Montag, 24. Februar 2014

Deutsches Brot soll Weltkulturerbe werden

Nur 22 von über 3000 Brot- und Gebäcksorten, deren Rezepte die Bäcker in Deutschland gesammelt haben.            Fotos (2): Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt
Auftaktveranstaltung zum Weltkulturerbe-Antrag am 18.2.2014  in den Räumen des Verbandes Die Lebensmittelwirtschaft (v.l.n.r.): Peter Becker, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer des Verbandes Die Lebensmittelwirtschaft, Dr. Andrea Fadani, Leiter des Deutschen Brotmuseums in Ulm, Prof. Michael Kleiner, Leiter des Instituts für Lebensmittel- und Getränkeinnovation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und Bäckermeister

Der türkische Kaffee steht schon drauf. Die japanische Küche und die Mittelmeer-Diät auch – auf der UNESCO-Liste des erhaltenswerten immateriellen Weltkulturerbes. Jetzt bewerben sich die deutschen Bäcker mit ihrer Brotvielfalt und Tradition und die deutschen Brauer mit ihrem Reinheitsgebot um die Aufnahme in die Liste.

Peter Becker, der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, begründet die Bewerbung. In Deutschland habe sich eine weltweit einzigartige Brotkultur mit vielen regionalen Besonderheiten entwickeln können: im Süden eher mit milderen Brotsorten, im Norden mit kräftigeren. Der Verband habe über 3000 Rezepte gesammelt und dokumentiert. Becker erklärt, dass er schon einige Jahre im Sinn gehabt hätte, den Antrag auf Aufnahme in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes zu stellen, dass dies aber erst 2013 durch die Ratifizierung des UNESCO-Abkommens durch Deutschland möglich geworden sei. In einem langwierigen Antrags- und Entscheidungsverfahren werde die Entscheidung erst 2016 fallen. Er sei sehr zuversichtlich, dass die Bäcker Erfolg haben werden. Becker sieht in der Aufnahme in die Weltkulturerbeliste die Chance, den Betrieben Stolz zu vermitteln und gleichzeitig die Wertschätzung von Brot und Backwaren in der Bevölkerung zu verbessern. Das Bäckerhandwerk hätte zudem in den deutschen Landwirten und Mühlen sehr gute Partner, die auch seltene Getreidearten anböten.

Dr. Andrea Fadani vom Deutschen Brotmuseum in Ulm nennt die Gründe für die Brotvielfalt: Deutschland liege an der Schnittstelle vom Roggen- und Weizenanbau und demzufolge gebe es auch so viele Verarbeitungsmethoden und Rezepte für Gebäck aus den verschiedenen Getreidearten. In Deutschland mit seiner föderalistischen Struktur hätten sich zudem regionale Besonderheiten besser halten können, anders als in Frankreich mit seiner zentralistischen Struktur. Als dritten Grund nennt Fadani historisch betrachtet das Zunftwesen, aber auch ganz aktuell den hervorragenden Ausbildungsstand im deutschen Bäckerhandwerk mit seiner Kombination von Praxis und Berufsschule.

Prof. Michael Kleinert untersucht am Züricher Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation wie und warum Brot schmeckt. Er stellt fest, dass sich die Bäcker wieder mehr um den Geschmack kümmerten. Geschmack brauche Zeit – eine lange Ruhezeit des Teiges und eine längere Backzeit. Die „Kruste“ sei wieder wichtig. Die Bäcker setzten weniger Hefe als Triebmittel, stattdessen zunehmend Sauerteig auch bei Weizenbackwaren ein. Für die Brotkunden bleibe der Genusswert des Brotes am wichtigsten, aber auch der Gesundheitswert sei wichtig.

Sonntag, 23. Februar 2014

Warum Mondkalender und Aussaattagekalender Nonsens sind

Die Anfrage einer Journalistenkollegin veranlasst mich, Stellung zu Mondkalendern zu beziehen. Mondkalender und Aussaattagekalender sind, ich kann es nicht anders sagen, esoterischer Unsinn – Astrologie für Pflanzen!

Niemand braucht sie, um einen Garten bewirtschaften und gute Ernten erzielen zu können. Im professionellen Land- und Gartenbau richtet sich meines Wissens niemand (außer ein paar anthroposophischen Landwirten und Gärtnern, die ihre Radieschen nach dem Thunschen Aussaattagekalender säen) nach den obskuren Mondregeln. Warum wohl? Weil sie bedeutungslos, falsch oder frei erfunden sind.

Vor 25 Jahren gab es keine Mondkalender. Es existierte lediglich der Aussaattage-Kalender von Maria Thun, der seit den 1960er-Jahren auf dem Markt ist. In Gartenratgebern wurde der Mond nicht (oder allenfalls in anthroposophisch orientierten Büchern) erwähnt, ebensowenig Gestirnskonstellationen. Erst etwa ab 1990 kamen in Deutschland und Österreich solche Publikationen auf den Markt und wurden vielfach kopiert.

Von der großen Nachfrage nach solchen Publikationen profitieren Mondkalenderautoren und Verlage, die die Kalender in immer neuen Varianten und mit phantasievoller graphischer Aufarbeitung auf den Markt bringen. Die konstruierten Mondkalender leben von ihrem wesentlichen Element, den Sternbildern bzw. Sternzeichen und den vielen Entsprechungen. Diese Details lassen sich gut illustrieren; die bildhafte Darstellung spricht eine bestimmte Käuferklientel an. Dass namhafte Verlage, sogar landwirtschaftliche Fachverlage, diese Kalender drucken, bedeutet jedoch nicht, dass das Gedruckte auch stimmt. Es bleibt trotzdem Nonsens.

Mit ein paar Sätzen lässt sich das vielschichtige Phänomen nicht erklären. Um ihm auf die Spur zu kommen, muss man sich in Pflanzenbau und Versuchswesen, in Astronomie und ebenso in Psychologie und Volkskunde sowie im Verlagswesen kundig machen und die Hintergründe und geschichtlichen Entwicklungen kennen. Zum Weiterlesen empfehle ich meinen ausführlichen Artikel
http://www.bross-burkhardt.de/resources/Mondkalender+und+Aussaattage-Kalender +kritisch+betrachtet.pdf

Samstag, 15. Februar 2014

Was Veganismus mit unserem Landschaftsbild und Biodiversität zu tun hat


Bei Aufgabe der Milchwirtschaft würden viele Wiesen und Weiden aus dem Landschaftsbild verschwinden.            Foto: Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt


Die Veganer, die ich kenne, schwärmen von der Natur. Sie genießen es, sich in vielfältiger Kulturlandschaft mit Wiesen und Weiden, Rainen und Streuobstbäumen zu bewegen. 

Dieses Lebensgefühl sei ihnen gegönnt. Allerdings steht es im Widerspruch zu ihrer Ernährungs- und Lebensweise. Denn wenn viele Menschen keine Milchprodukte mehr verbrauchten, würden Wiesen und Weiden sehr bald verschwinden. Diese Landschaftselemente gibt es nur, weil es (Milch-)Viehhaltung gibt. Ein Naturerleben wie wir es heute kennen, wäre dann nicht mehr möglich. Doch wie hängt das zusammen?

Unsere Kulturlandschaft bildete sich über Jahrtausende und Jahrhunderte hinweg durch Eingriffe des Menschen in die bestehende Vegetation mit Urwäldern heraus. Die Menschen schafften durch Rodung der Wälder, Weidewirtschaft und Ackerbau ihre fein differenzierten Kulturlandschaften. Kulturlandschaften sind derzeit vielen Bedrohungen ausgesetzt: ausuferndem Siedlungs- und Straßenbau, Übernutzung durch intensive Landbewirtschaftung, Anbau von Energiepflanzen ... und – bei etwas spitzfindiger Betrachtungsweise – konsequentem Veganismus, der Nutztierhaltung ablehnt.

Es ist zwar kaum vorstellbar, dass die gesamte Menschheit oder gar nur ein nennenswerter Teil zum Veganismus umschwenkt. Insofern ist das hier aufgezeigte Szenario hypothetisch. Aber konsequent zu Ende gedacht bedeutet vegane Lebensweise, dass Wiesen und Weiden aus unserer Landschaft verschwinden.

Denn nur Tiere (Rinder, Schafe, Gänse usw.) können das dort wachsende Gras fressen und verdauen. Wiesen und Weiden lassen sich in vielen Fällen nicht in Ackerland umwandeln. Um das vertraute Landschaftsbild zu erhalten, müssten Landschaftspfleger das Grünland regelmäßig mähen. Doch das macht wenig Sinn, genauso wenig wie das Rasenmähen im Garten. Über kurz oder lang würde sich die natürliche Vegetation das Terrain zurückerobern; das einstige Grünland würde zum Wald. (Es sei denn, man würde den Aufwuchs an Gräsern und Kräutern zur Energiegewinnung in Biogasanlagen einsetzen. Doch diesem Diktat der Energieerzeugung um jeden Preis sollte sich die Landschaft nicht auch noch unterwerfen lassen.) So sehr wir unsere Wälder mögen und brauchen, so wenig wünschenswert wäre diese Rückentwicklung. Ganz abgesehen von der direkten Wirkung auf die menschliche Psyche würden viele Tier- und Pflanzenarten verschwinden, weil ihnen ihre Lebensräume fehlen. Eine solche Entwicklung wünschen sich naturverbundene Veganer sicher auch nicht.

Mittwoch, 12. Februar 2014

Veganer und die Milch – warum Veganer Milchprodukte ablehnen


Vegetarier sehen das Züchten, Transportieren und Schlachten der Tiere als Quelle unnötigen Leides für diese an und lehnen den Fleischgenuss aus Mitgefühl für die wehrlose Kreatur ab. Veganer teilen diese Einstellung. Sie lehnen jedoch auch Milch und Milchprodukte ab, unter anderem deshalb, weil sie den Zusammenhang der Milchwirtschaft mit dem Schlachten der Tiere sehen.

Milchviehhaltung geht immer mit der Geburt von Kälbern einher. Kühe geben wie alle Säugetiere nur Milch, wenn sie ein Junges geboren haben. Je länger das Kalben zurückliegt, desto weniger Milch fließt. Milchkühe müssen deshalb aus Wirtschaftlichkeitszwängen heraus möglichst bald wieder trächtig werden und ein neues Kalb gebären.

Kühe bringen etwa gleich viel weibliche und männliche Kälber zur Welt. Diese werden zum Teil noch als Kalb geschlachtet. Milchviehhalter nehmen ausgewählte Kuhkälber nach der Aufzucht in ihre Milchkuhherde auf. Bullenkälber jedoch werden – bis auf wenige zur Zucht bestimmte Tiere – gemästet und nach ein bis eineinhalb Jahren geschlachtet. Letztendlich landen Rinder also immer auf der Schlachtbank. Insofern ist es konsequent, wenn Veganer auch Milch- und Milchprodukte ablehnen, da bei der Milchkuhhaltung natürlicherweise Nachkommen „produziert“ werden, die dieses Schicksal erleiden.

Mittwoch, 5. Februar 2014

Vegan - freut Verlage

Es ist schon verblüffend, wie eine extreme Ernährungs- und Lebensweise von Außenseitern zum Trend wird. Oder zum Trend gemacht wird. Denn die Medien stürzen sich wie ausgehungert auf  Veganisches und propagieren es. Die Verlage überschwemmen den Buchmarkt mit hunderten von Titeln. In der Osianderschen Buchhandlung in Schwäbisch Hall (und sicher nicht nur dort) stapeln sich Bücher über vegane Ernährung und ebensolche Lebensweise. (Nur nebenbei bemerkt: Gartenbücher sind demgegenüber zu einem kleinen, fast zu vernachlässigenden Segment geworden.)

Noch vor einem Jahr kannte nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten den Begriff "vegan". Lediglich in Großstädten, allen voran in Berlin, gab es da schon vegane Restaurants und Läden. Die Trendwelle scheint jetzt sogar aufs Land übergeschwappt zu sein.

Ich bin gespannt, wie lange sich der Trend hält. Sicher wird er bald wie ein Spuk vorüber sein. Denn das vegane Leben ist anstrengend! Wer konsequent vegan lebt, steht täglich stundenlang in der Küche und ist zuvor damit beschäftigt, die veganen Zutaten zu besorgen. So viel Ausdauer hat auf Dauer kaum jemand!