Montag, 24. Februar 2014

Deutsches Brot soll Weltkulturerbe werden

Nur 22 von über 3000 Brot- und Gebäcksorten, deren Rezepte die Bäcker in Deutschland gesammelt haben.            Fotos (2): Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt
Auftaktveranstaltung zum Weltkulturerbe-Antrag am 18.2.2014  in den Räumen des Verbandes Die Lebensmittelwirtschaft (v.l.n.r.): Peter Becker, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer des Verbandes Die Lebensmittelwirtschaft, Dr. Andrea Fadani, Leiter des Deutschen Brotmuseums in Ulm, Prof. Michael Kleiner, Leiter des Instituts für Lebensmittel- und Getränkeinnovation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und Bäckermeister

Der türkische Kaffee steht schon drauf. Die japanische Küche und die Mittelmeer-Diät auch – auf der UNESCO-Liste des erhaltenswerten immateriellen Weltkulturerbes. Jetzt bewerben sich die deutschen Bäcker mit ihrer Brotvielfalt und Tradition und die deutschen Brauer mit ihrem Reinheitsgebot um die Aufnahme in die Liste.

Peter Becker, der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, begründet die Bewerbung. In Deutschland habe sich eine weltweit einzigartige Brotkultur mit vielen regionalen Besonderheiten entwickeln können: im Süden eher mit milderen Brotsorten, im Norden mit kräftigeren. Der Verband habe über 3000 Rezepte gesammelt und dokumentiert. Becker erklärt, dass er schon einige Jahre im Sinn gehabt hätte, den Antrag auf Aufnahme in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes zu stellen, dass dies aber erst 2013 durch die Ratifizierung des UNESCO-Abkommens durch Deutschland möglich geworden sei. In einem langwierigen Antrags- und Entscheidungsverfahren werde die Entscheidung erst 2016 fallen. Er sei sehr zuversichtlich, dass die Bäcker Erfolg haben werden. Becker sieht in der Aufnahme in die Weltkulturerbeliste die Chance, den Betrieben Stolz zu vermitteln und gleichzeitig die Wertschätzung von Brot und Backwaren in der Bevölkerung zu verbessern. Das Bäckerhandwerk hätte zudem in den deutschen Landwirten und Mühlen sehr gute Partner, die auch seltene Getreidearten anböten.

Dr. Andrea Fadani vom Deutschen Brotmuseum in Ulm nennt die Gründe für die Brotvielfalt: Deutschland liege an der Schnittstelle vom Roggen- und Weizenanbau und demzufolge gebe es auch so viele Verarbeitungsmethoden und Rezepte für Gebäck aus den verschiedenen Getreidearten. In Deutschland mit seiner föderalistischen Struktur hätten sich zudem regionale Besonderheiten besser halten können, anders als in Frankreich mit seiner zentralistischen Struktur. Als dritten Grund nennt Fadani historisch betrachtet das Zunftwesen, aber auch ganz aktuell den hervorragenden Ausbildungsstand im deutschen Bäckerhandwerk mit seiner Kombination von Praxis und Berufsschule.

Prof. Michael Kleinert untersucht am Züricher Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation wie und warum Brot schmeckt. Er stellt fest, dass sich die Bäcker wieder mehr um den Geschmack kümmerten. Geschmack brauche Zeit – eine lange Ruhezeit des Teiges und eine längere Backzeit. Die „Kruste“ sei wieder wichtig. Die Bäcker setzten weniger Hefe als Triebmittel, stattdessen zunehmend Sauerteig auch bei Weizenbackwaren ein. Für die Brotkunden bleibe der Genusswert des Brotes am wichtigsten, aber auch der Gesundheitswert sei wichtig.

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