Nur 22 von über 3000 Brot- und Gebäcksorten, deren Rezepte die Bäcker in Deutschland gesammelt haben. Fotos (2): Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt |
Der türkische Kaffee steht schon drauf. Die japanische
Küche und die Mittelmeer-Diät auch – auf der UNESCO-Liste des erhaltenswerten
immateriellen Weltkulturerbes. Jetzt bewerben sich die deutschen Bäcker mit
ihrer Brotvielfalt und Tradition und die deutschen Brauer mit ihrem Reinheitsgebot um die Aufnahme in die Liste.
Peter Becker, der Präsident des Zentralverbandes des
Deutschen Bäckerhandwerks, begründet die Bewerbung. In Deutschland habe sich eine weltweit einzigartige Brotkultur mit
vielen regionalen Besonderheiten entwickeln können: im Süden eher mit milderen
Brotsorten, im Norden mit kräftigeren. Der Verband habe über 3000 Rezepte
gesammelt und dokumentiert. Becker
erklärt, dass er schon einige Jahre im Sinn gehabt hätte, den Antrag auf Aufnahme
in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes zu stellen, dass dies aber erst 2013 durch die Ratifizierung des UNESCO-Abkommens durch Deutschland möglich geworden sei. In einem langwierigen Antrags- und Entscheidungsverfahren werde die Entscheidung erst 2016 fallen. Er sei sehr zuversichtlich, dass die Bäcker Erfolg haben werden. Becker sieht in der Aufnahme in die Weltkulturerbeliste die
Chance, den Betrieben Stolz zu vermitteln und gleichzeitig die Wertschätzung
von Brot und Backwaren in der Bevölkerung zu verbessern. Das Bäckerhandwerk hätte zudem in den deutschen Landwirten und Mühlen sehr gute Partner, die auch seltene Getreidearten anböten.
Dr. Andrea Fadani vom Deutschen Brotmuseum in Ulm nennt die Gründe für die Brotvielfalt: Deutschland liege an der Schnittstelle vom Roggen- und
Weizenanbau und demzufolge gebe es auch so viele Verarbeitungsmethoden und Rezepte für Gebäck aus den verschiedenen Getreidearten. In Deutschland mit seiner föderalistischen Struktur hätten sich zudem regionale Besonderheiten besser halten können, anders als in Frankreich mit seiner zentralistischen Struktur. Als dritten Grund nennt Fadani historisch betrachtet das Zunftwesen, aber auch ganz aktuell den hervorragenden Ausbildungsstand im
deutschen Bäckerhandwerk mit seiner Kombination von Praxis und Berufsschule.
Prof. Michael Kleinert untersucht am Züricher Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation wie und
warum Brot schmeckt. Er stellt fest, dass sich die
Bäcker wieder mehr um den Geschmack kümmerten. Geschmack brauche Zeit – eine lange Ruhezeit des Teiges und eine längere Backzeit. Die
„Kruste“ sei wieder wichtig. Die Bäcker setzten weniger Hefe als Triebmittel, stattdessen zunehmend Sauerteig auch bei Weizenbackwaren ein. Für die Brotkunden bleibe der Genusswert des Brotes am
wichtigsten, aber auch der Gesundheitswert sei wichtig.
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